Wissenswertes rund um die Ammertalbahn

Geschichte und historische Daten

Bahngeschichtlicher Abriss

01.02.1902                              Beschlussfassung über die Fertigstellung der Ammertalbahn
12.08.1909                              Inbetriebnahme Streckenabschnitt Herrenberg - Pfäffingen
01.05.1910                              Inbetriebnahme Streckenabschnitt Pfäffingen – Tübingen
25.09.1966                              Einstellung des Personenverkehrs Entringen-Herrenberg
1973                                        Abbau Abschnitt Gültstein – Herrenberg
31.01.1998                              Einstellung Güterverkehr Abschnitt Entringen – Gültstein
1989                                        Beantragung der Stilllegung durch deutsche Bundesbahn.
26.07.1995                              Gründung Zweckverband ÖPNV im Ammertal
31.07.1999                              Wiedereröffnung der gesamten Strecke für den Personenverkehr
16.05.2017                              Planfeststellungsbeschluss Regionalstadtbahn Neckar-Alb
2019                                        Start Elektrifizierung und zweigleisiger Ausbau
 
 
Geschichte der Ammertalbahn

damals …
 
Nach 1900 wollten die Gemeinden rund um Tübingen und Herrenberg den Anschluss an die Moderne nicht verpassen und setzten sich für den Bau einer Bahnstrecke ein. Die Anbindung von Tübingen nach Stuttgart mit der Neckarbahn über Plochingen bedeutete einen großen Umweg und führte zu großer Unzufriedenheit. Die Stadt Tübingen erhoffte sich zudem durch die Verkehrssteigerung ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Am 1. Februar 1902 erfolgte dann nach langem Verhandeln der Beschluss über den Bau der Ammertalbahn von Herrenberg nach Tübingen West. 1904 folgte die Entscheidung über den Bau des Schlossbergtunnels. Für den Betrieb schloss die Stadt Herrenberg stellvertretend für die Ammertalbahn dann 1905 einen Vertrag mit der königlichen württembergischen Staatseisenbahn. Gegen die Bemühungen der Städte und Gemeinden die Ammertalbahn schnell realisiert zu bekommen stellte sich eine Bürgerinitiative die sich es zum Ziel gesetzt hatte die Schönheit der Spazierwege entlang der Tübinger Alleen zu bewahren. Im Umfeld dieser Auseinandersetzung wurde 1909 der Schwäbische Heimatbund gegründet, welcher Jahrzehnte später die Reaktivierung der Ammertalbahn maßgeblich antrieb.
Bereits beim Bau der Strecke stieß man auf einige Herausforderungen. So machte es der sumpfige Untergrund im Ammertal notwendig, dass 13 Meter lange Eichenstämme in den Boden getrieben werden mussten um die Gleise zu stabilisieren. An der Baustelle am Schlossbergtunnel neigte das Bachbett mehrmals dazu herabzubrechen. All das verzögerte die Bauarbeiten. Ingenieure wurden vor technische Hürden gestellt indem Sie den Ammerkanal in einem Aquädukt über den Einschnitt des Bahngleises vor dem Schlossbergtunnel leiteten. Diese Ingenieurleistungen gipfelten dann im Bau der ersten Eisenbahnbrücke aus Eisenbeton in Württemberg.
Die königlich württembergische Staatseisenbahn konnte schließlich am 12.08.1909 die erste fahrplanmäßige Fahrt von Herrenberg nach Pfäffingen durchführen. Die offizielle Eröffnungsfeier fand jedoch erst nach Abschluss des Abschnittes Pfäffingen-Tübingen und des Schlossbergtunnels am 28.04.1910 statt.
Der Einfluss der Ammertalbahn auf die gesamte Region war enorm. So war die Strecke nicht nur für Pendler und Schüler eine große Entlastung, auch die Wirtschaft erhielt neuen Schwung. Es entstanden 9 Gipsbaubetriebe am Rande der Strecke, zudem gab die Bahn den Impuls zur Entwicklung zweier bedeutender Industriereviere in Pfäffingen und Tübingen West. Auch in der Landwirtschaft traten Veränderungen auf. Durch die neuen schnellen Transportwege boomte neben dem Hopfen- und Zuckerrüben Anbau auch der Handel mit Gülle aus dem Stadtgebiet Stuttgart welche im Ammertal als Dünger Verwendung fand. Auch Schafe durfte die Ammertalbahn im Laufe ihrer langen Geschichte als Passagiere begrüßen da ansässige Schäfer diese zu Winterweiden transportieren.
Die Motorisierung des Transportwesens 1920 bis 1930 und der zunehmende Einsatz von Bahn- und Omnibussen nach dem 2. Weltkrieg, welcher für den ÖPNV Betrieb Kostenvorteile brachte, dünnte das Netz der Nebenbahnen zunehmend aus. In den 60iger Jahren ließ dann die Verbreitung des Automobils die Fahrgastzahlen rapide abfallen und führte dazu, dass der Betrieb immer unwirtschaftlicher wurde. Als Konsequenz entschloss sich die Deutsche Bundesbahn für die Schließung des Streckenabschnittes Gültstein-Herrenberg was bereits einen gravierenden Einschnitt bedeutete. Wenig später folgte dann die Stilllegung der Abschnitte Entringen-Herrenberg für den Personenverkehr und Gültstein-Herrenberg auch noch für den Güterverkehr welcher dann schließlich 1973 komplett aufgegeben wurde. 1989 erfolgte dann die vollständige Einstellung des Personenverkehrs auf der gesamten Ammertalbahnstrecke.
Im Laufe der Jahre fanden sich Interessengruppen für eine Reaktivierung zusammen. Dazu gehörten verschiedenen Kommunen, Parteien oder auch der Schwäbische Albverein. Am 26.07.1995 gründete sich der Zweckverband ÖPNV im Ammertal (ZÖA) an dem der Landkreis Böblingen mit 20 Prozent und der Landkreis Tübingen mit 80 Prozent beteiligt sind. Dieser erwarb die Strecke 1996 von der Deutschen Bahn zu einem Symbolpreis von einer D-Mark zuzüglich Mehrwertsteuer. Nach Ausschreibung wurde 1996 die DB ZugBus Regionalverkehr Alb-Bodensee mit dem Betreiben der Infrastruktur beauftragt. Erst 15 Jahre nach dem Beschluss über die Reaktivierung der Strecke eröffnete der ZÖA am 31.07.1999 die gesamte Bahnstrecke für den Personenverkehr. Zwischen 1996 und 1999 wurde für rund 18 Millionen Euro die Strecke ausgebaut: Dabei wurde das 4 Kilometer lange Teilstück zwischen Gültstein und Herrenberg wieder aufgebaut, der Gleiskörper ertüchtigt, die Streckengeschwindigkeit von 60 km/h auf 100 km/h angehoben und fast alle Bahnübergänge mit Schranken oder Lichtsignalanlagen ausgerüstet. Seit der Reaktivierung stiegen die Fahrgastzahlen deutlich (2019 Durchschnittlich 8.588 beförderte Personen am Tag).

Heute….. 

Heute spielt die Ammertalbahn eine wichtige Rolle in den Plänen für die Regional Stadtbahn Neckar-Alb nach dem Karlsruher Modell. Als erste Teilstrecke der Stadtbahn startete bereits im März 2016 das Planfeststellungsverfahren für die Elektrifizierung der Strecke und den abschnittsweise zweigleisigen Ausbau. Der Antrag auf Förderung nach dem Bundes-GVFG wurde gestellt. Am 16. Mai 2017 wurde der Planfeststellungsbeschluss erlassen. Der darauffolgende Ausbau umfasst einen 1,4 km langen, zweigleisigen Ausbau im Bereich Unterjesingen sowie den Bau einer weiteren, 1,9 km langen Doppelspurinsel im Bereich Entringen. Daneben wurden der Haltepunkt Unterjesingen Sandäcker sowie der Bahnhof Entringen neu geordnet. Beide sind nun über zwei Außenbahnsteige erreichbar. Der neu gebaute Bahnübergang Mädlesbrück in Entringen ersetzt den zurückgebauten Bahnübergang Reustener Weg. Am Haltepunkt Altingen ist ein zweites Gleis entstanden. Des Weiteren wurden zahlreiche Lärmschutzmaßnahmen in Form von Schallschutzwänden und Schienenstegdämpfern angebracht.
Am 28.11.2022 konnten die Baumaßnahmen nach vier Jahren Bauzeit abgeschlossen werden. Geprägt durch zahlreiche Streckensperrungen und Schienenersatzverkehre und unter dem Einfluss der Corona Pandemie und des Ukrainekonflikts konnte die Ammertalbahn wieder in Betrieb gehen. Seit dem Fahrplanwechsel sind auf der Strecke nun sieben elektrischen Fahrzeuge im Einsatz.